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Telemanns Einfluß auf schlesische Musiker und Komponisten

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Inwieweit Werke von Telemann in Schlesien insgesamt verbreitet waren, läßt sich zur Zeit noch nicht übersehen; dafür fehlen spezielle Studien und Vorarbeiten. Rudolf Walters Berichte über schlesische Musiksammlungen beziehen sich auf katholische Kirchenmusik, für die Kompositionen des evangelischen Telemann nicht angeschafft worden sein durften. Jedenfalls ist für das Kloster Grussau, 1810 säkularisiert, nach Walters Aufstellung ein Werk Telemanns nicht nachweisbar, ebenfalls nicht in Glatz und auch nicht in den Verzeichnissen des Breslauer Domes, wohl aber in der Musikbibliothek des 1825 verstorbenen evangelischen Schmiedeberger Kantors Christian Benjamin Klein, dessen Sammlung komplett im Musikwissenschaftlichen Seminar der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn vorhanden ist und über die der Katalog von Wilhelm Virneisel und von Magda Marx- Weber, gedruckt 1975, Auskunft gibt. Stark auf die Angaben in Wilhelm Virneisels Dissertation von 1925 über Christian Benjamin Klein und seine Sammlung gestutzt, führt Magda Marx-Weber unter den Nummern 460 und 461 zwei Werke von Georg Philipp Telemann an, und zwar Heilig ist Herr Zebaoth und Wie ist dein Name so groß (Psalm 29). Frau Marx-Weber hat bei der Durchsicht der handschriftlichen Quellen, genauso wie auch Virneisel, übersehen, daß bei den beiden Werken weder Schreiber noch Papier übereinstimmen. Bei genauerem Hinsehen sind zwei Autorenangaben in der Quelle Kat. Nr. 460 vorhanden. Auf dem Umschlag, dessen Papier als Wasserzeichen ein Pferd aufweist, ein Wasserzeichen, das auch in Werkkopien von der Hand Kleins auftaucht, ist lediglich „Telemann“ vermerkt, im Kopf der ersten Notenseite aber „G. M. Telemann“. Die Notenseiten haben einen anderen Schreiber als das Umschlagblatt, außerdem haben die Notenseiten andere Wasserzeichen. Der Kompositionsstil von 460 unterscheidet sich von 461 (Menke 6:3a). Nach Menkes Thematischem Verzeichnis der Vokalwerke Georg Philipp Telemanns ist ein Heilig vermerkt unter 14:3d, das in Hamburg bei der Feier der Augsburgischen Konfession im Johanneum 1730 nach Menke zum Schluß beziehungsweise „Nach dem Actu“ aufgeführt worden sei. Dieses berühmte und weit verbreitete „Heilig“ von G. Ph. Telemann hat mit diesem erheblich späteren, von Klein wohl im Alter selbst kopierten Werk von „G. M. Telemann“ nichts zu tun, so daß im Gegensatz zu den Angaben von Virneisel und von Marx-Weber nur der 29. Psalm von Georg Philipp Telemann (Menke 6:3a) in der Klein-Sammlung vorhanden ist, das „Heilig“ aber von seinem Enkel Georg Michael Telemann stammt.

Georg Michael Telemann in Riga nimmt die durch seinen Großvater mit angeregte Vorliebe für die Vertonung des hymnischen Heilig aus dem Ordinarium der Messe auf, das um 1800 offenbar gern und öfters zu Feierlichkeiten beziehungsweise in feierlichen Gottesdiensten erklang. Georg Michael Telemanns Heilig weist zwei Sätze auf: 1. Heilig, heilig, heilig ist der Herr
Zebaoth mit der Tempo- und Charakterangabe „Ehrenbietig“ und 2. Alle Lande sind deiner Ehre voll in einem zweistimmigen Chorkanon unter Begleitung der Orchesterinstrumente mit der Tempoangabe „Mäßig“. Die anonymen Heilig-Kompositionen der Klein-Sammlung in Bonn (Marx-Weber Kat. Nr. 14, ein zweigliedriges Heilig und Nr. 15 mit insgesamt 3- und nicht bloß 2-zweisätzigen Heilig-Vertonungen (langsam – schnell) in F-Dur, f-moll sowie D-Dur) bestätigen die gängige Tradition der häufigen und geschätzten Heilig-Kompositionen. Alle drei Werke sind – nach Vergleichen mit Werken, die Marx-Weber für Klein-Handschriften hält – von Klein selbst geschrieben; sie sind stilistisch der Klassik zuzuordnen und uneinheitlich. Beim zweiten Heilig in f-moll ist die letzte Seite leer geblieben, links unten ist in Röteln, vermutlich später, vermerkt worden „Hentschel“. Sollte dieser Hinweis darauf aufmerksam machen, daß der ehemals in Wohlau, dann in Neumarkt und Breslau wirkende Organist Johann Abraham Hentschel (1721–1791) (oder Julius Ernst Hentschel aus Langenwaldau?) dieses insgesamt kurze, nur 21 Takte umfassende Stück komponiert hat?
Autor des bisher Georg Philipp Telemann zugeschriebenen Manuskripts Nr. 460 der Klein-Sammlung in Bonn ist demnach Georg Michael Telemann in Riga. Christian Benjamin Klein in Schmiedeberg, der als Orgelspieler der Kunst Johann Sebastian Bachs als Komponist nahesteht, hat in seinem schlesischen Wirkungsort für seine Sammlung etliche Werke der verschiednen Komponisten mit dem Namen Bach, darunter 13 von J. S. Bach, dagegen nur diese eine in Frage kommende Komposition, Psalm 29, von Georg Philipp Telemann angeschafft. In der Zeit der Wiener Klassik hat sich der Vorbildcharakter Telemanns – im Gegensatz zur Zeit des Barock – in Schlesien gewandelt: Die Wiederbelebung von Werken Johann Sebastian Bachs und ebenso Georg Friedrich Händels tritt stark in den Vordergrund (neben einer gewissen Renaissance der Lasso- und Palestrina-Vorliebe), wahrend Telemann mit seinem Werk zurückfällt.

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