Es betraf sowohl die architektonischen Projekte des barocken Promnitz-Schlosses als auch die Schaffung eines Kulturmilieus auf hohem Niveau. Musik begleitete täglich den Hof von Żary – Pszczyna, wie Telemann es schrieb „Musik gab dort gewöhnlich den Ton an”. Die Kapelle spielte unter Telemanns Leitung bei Hofkonzerten, Bällen, Festmahlen, verschiedenen höfischen und kirchlichen Feierlichkeiten. Er bereitete den musikalischen Rahmen von Messen vor, die in der Schlosskapelle und in der städtischen Hauptkirche abgehalten wurden, dirigierte das Ensemble und spielte Orgel.
Zu höfischen Vergnügungen gehörten auch Jagden in den umliegenden tierreichen Wäldern und Gastmahle in Begleitung von Musikern in dem heute nicht mehr bestehenden Jagdschloss im Sorauer Wald. Eine zusätzliche Attraktion waren Besuche von französischen und italienischen Theater-, Opern- und Balletttruppen auf dem Schloss zu Żary. Ein besonderer Anlass für einen überaus prunkvollen musikalischen Rahmen war 1705 der Besuch des hervorragenden Gastes, August II. des Starken, des sächsischen Kurfürsten und polnischen Königs, mit seinem Hofstatt und die Trauung Erdmann II. mit der sächsischen Herzogin Anna Marie zu Sachsen-Weissenfels in der Marienkiche (heute Pfarrkirche).
Einer der Sorauer Chronisten hat das Fest auf dem Promnitz-Schloss wie folgt beschrieben:
„Man beschloss in Żary eine Kurzweil, ein Maskenfest zu veranstalten. Es wurde dafür eine Bauernhochzeit gewählt, deren Reigen zweimal um das Rathaus und durch die wichtigsten Gassen der Stadt führte. An der Spitze befanden sich fünf Schützen ,hinter ihnen fuhr ein Leiterwagen mit sechs vorgespannten Pferden, auf dem 15 Dudelsackpfeifer und 15 Geiger saßen. Hinterher ging ein Jude, zwei junge Edelmänner und Brautführer. Erst hinter ihnen fuhr der Wagen des Brautpaars mit sechs vorgespannten Pferden, auf dem sich ein auf kleinen Säulen gestützter Baldachim befand. Auf diesem Wagen fuhen die Hofdamen und der Graf selbst. Auf dem dritten Wagen befanden sich Jünglinge aus adligen Familien. Ich weiß nicht, was mehr zu bewundern ist, die Freude an der so gemeinen Belustigung, die Geistesarmut oder aber die Widertandskraft der Ohren gegenüber dem Gebrüll von 15 Dudelsäcken, die ergötzen sollte, eher aber einen verteufelten Lärm machten. –
Anhand der überlieferten Unterlagen kann man vermuten, dass Telemann niemals finanzielle Schwierigkeiten hatte. Der Komponist hat sich hoch geschätzt. Wir wissen zwar nicht, was er an dem Hof von Żary verdiente, kennen aber vergleichsweise die Höhe seiner Belohnung in Frankfurt -1600 Goldmünzen, soviel bekam auch ein Stadtratmitglied höheren Ranges. Georg Philipp Telemann wusste gute Geschäfte zu machen und von seinem musikalischen Talent zu profitieren; Er sorgte auch für die Promotion seiner Person. Seine kommerzielle Herangehensweise an die Musik und die Betrachtung derer als einen einfachen Beruf schockierte die damaligen Musiker und machte ihm viele Feinde. Der Ruhm, den Telemann bereits zu seinen Lebzeiten erwarb, war das Ergebnis nicht nur des Talents selbst, sondern auch seiner schweren Arbeit, wie er selbst erwähnt :
„Wann ich viel von meinem Fleisse melde, so ist es nicht geschehen, mich damit groß zu machen, indem doch dieses eine allgemeine Bedingung aller Menschen ist, daß sie ohne Arbeit nichts erlangen sollen. Sondern meine Absicht ist gewesen, diejenigen so die Music studieren wollen, zu erinnern, daß sie in dieser unerschöpflichen Wissenschafft, ohne grosse Bemühung, nicht weit gelangen, hingegen aber durch dieselbe sich einen guten Nahmen und Nutzen zu Wege bringen können.“
Selbst J. Mattheson hat Telemann in seiner “Grundlage einer Ehren-Pforte“ von 1740 ( ein Werk mit Biografien von 149 damaligen Musikern) wie folgt bezeichnet, als er ihn mit hervorragenden Barockkomponisten Frankreichs und Italiens verglich:
„Ein Lulli wird gerühmt; Corelli lässt sich loben; Nur Telemann allein ist übers Lob erhoben.“
Nach Telemanns Meinung stand das Komponieren eines Musikers schöner Kantaten zu Gottes Ehren einerseits und einfacher, populärer Melodien als Freudenquelle andererseits nicht im Widerspruch zueinander. 1733 hat er 18 neuartige Werke herausgegeben, genannt Tafelmusik, weil sie zum Spielen bei Mahlzeiten oder nach deren Abschluss bestimmt waren. Ein weiteres fortschrittliches Handeln von Telemann war die Veröffentlichung und Herausgabe seiner Partituren und Bücher zur Musiktheorie. Er behauptete, dass der Musiker mit seinen Werken Geld verdienen sollte. Er kümmerte sich auch um die Urheberrechte und kämpfte gegen Raubdrucke seiner Werke, die seinerzeit in Frankreich erschienen sind.
Telemann hinterließ ein riesiges Komponistenwerk , es wurden über 3600 seiner Werke vermerkt. Als er sich in Hamburg aufhielt, komponierte er zwei Kantaten pro Woche, und es gab insgesamt Hunderte davon. In Leipzig nannte man ihn einen “Opernfabrikanten”, da er innerhalb von lediglich 3 Jahren sogar 20 Opern schrieb. Er nutzte die Erfahrungen der Traditionalisten nicht, weil er meinte, dass es ihnen an Kreativität fehlt. Interessant war seine Ansicht:
“Ein guter Komponist muss sogar zu einem Bekanntmachungstext Musik schreiben können.“
Telemann hatte immer musikalische Ideen :
Ich ließ die Stücke derer neuern Teutschen und Italiänischen Meister mir zur Vorschrifft dienen / und fand an ihrer erfingungsvollen Arth den angenehmsten Geschamck.”
Trotz Sympathie und Achtung, die er für seinen Vorgänger in Żary, den 64jährigen Musiktheoretiker und Organisten W.C. Printz, empfunden hat, schrieb er über ihn in seiner Autobiografie folgendes:
“Denn er beweinte bitterlich die Ausschweiffungen der itzigen molodischen Setzer: wie ich die unmelodischen Künsteleien der Alten belachte.“
Außer W.C. Printz war Erdmann Neumeister, Poetiker und Kirchenliederdichter , eine wichtige Persönlichkeit, auf die Telemann in Żary traf. Neumeister war in den Jahren 1705-1712 Superintendant und Propst an der Marienkirche (Pfarrkirche) und Hofprediger in Żary. Telemann vertonte den ganzen I. und III. Dichtungszyklus von Neumeister. Seine Texte wurden auch durch Johann Sebastian Bach vertont.
1708 beschloss Telemann, wegen der Änderung musikalischer Vorlieben des Grafen von Promnitz und der Verringerung durch diesen der Musikerzahl der Hofkapelle, Żary gen Westen nach Eisenach, der Geburtsstadt von J.S.Bach zu verlassen. Dort wurde er Konzertmeister und Kantor am Hof des Herzogs Johann Wilhelm, des Cousins der Ehegattin von Erdmann II. von Promnitz.